Haushaltsverabschiedung 2023 – ein Nachwort

„Wir sind eine der am höchsten verschuldeten Gemeinden des Landkreises. Dies kommt uns sowohl bei der Gewährung von Fördermitteln als auch beim kommunalen Finanzausgleich zu Gute“. Nach diesem Motto verfährt unsere Gemeinde seit bald einem Jahrzehnt, und die Zeiten, als das Wort „Konsolidierung“ im Zentrum des Denkens und Handelns der Verwaltung stand, scheinen endgültig vorbei. Weingarten ist im Vergleich zu anderen Gemeinden nicht nur finanzschwach, sondern rechnet sich noch bewusst arm und gleicht dabei mittlerweile einem findigen Geschäftsführer, der niedrige Gewinne zur Minimierung der Steuerbelastung ausweist. Während jedoch eine Firma mit einem positiven operativen Ergebnis über Sozialbeiträge, Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen und über Abgaben und Steuern noch einen Beitrag zur Volkswirtschaft leistet, rückt unsere Gemeinde mehr und mehr auf die Empfängerseite von Transferleistungen. Mit einem veranschlagten Defizit von einer knappen Million Euro sind wir trotz zusätzlicher Einnahmen aus Kiespacht, Ölförderung und aus der 2022 vollzogenen Erhöhung der Grundsteuer nicht in der Lage, unsere Aufwendungen und den Wertverlust unseres Anlagevermögens auszugleichen. Ohne die Veräußerung von Gemeindevermögen in Form von Wohnbau- und Gewerbeflächen geht nichts mehr, und die Frage ist, wie weit in den kommenden Jahren bei nachlassender Dynamik auf dem Immobilienmarkt dieses Finanzierungsinstrument noch zur Verfügung stehen wird.

Die Ursache dieser Misere liegt jedoch nicht im Handeln von Verwaltung und Gemeinderat alleine, sondern in der Konstruktion des Gemeindefinanzausgleichs, der ähnlich wie der vieldiskutierte Länderfinanzausgleich solides Wirtschaften bestraft, die Ausweitung des kommunalen Leistungsspektrums begünstigt und darüber hinaus Mitnahmeeffekte generiert. Hinzu kommen unzählige Förderprogramme, mit denen Kommunen zur Übernahme zusätzlicher Aufgabenfelder animiert werden. Generell werden bei solchen Förderprogrammen langfristige Folgekosten ausgeblendet. Ebenso gerät aus dem Blickfeld, dass Fördermittel kein Geschenk des Himmels sind, sondern ebenfalls von den Menschen, die unser Land am Laufen halten, erwirtschaftet werden müssen. Der ehemalige Berliner Bürgermeister Wowereit prägte einst den Satz „Berlin – arm, aber sexy“. Die Frage ist, ob wir uns in Weingarten an diesem Ziel orientieren möchten.