Am 11. Mai des vergangenen Jahres führte und veröffentlichte der Privatsender RTL ein erhellendes Interview mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Isabel Schnabel. Frau Schnabel ist seit dem Jahr 2020 Mitglied des EZB-Direktoriums und erklärt darin innerhalb von einer Minute und neununddreißig Sekunden dem unbedarften Zuschauer ökonomische Zusammenhänge. Nach dem coronabedingten Rückgang der Inflation im Jahr 2020 auf einen Wert von teilweise sogar unter Null könnte nach Einschätzung des EZB-Direktoriums der Preisanstieg kurzfristig über die Marke von drei Prozent springen. Dies sei jedoch keinesfalls ein Grund zur Besorgnis, denn man gehe davon aus, dass es sich lediglich um eine kurzfristige Schwankung handele. Außerdem sei die von den Verbrauchern wahrgenommene Inflation keinesfalls mit der statistisch festgestellten gleichzusetzen. Viele Menschen hätten eine verzerrte Wahrnehmung, weil sie den Preisanstieg von Artikeln, die sie oft kaufen, stärker wahrnehmen als den Preisrückgang anderer im statistischen Warenkorb enthaltener Güter und Dienstleistungen. Lebensmittel, Energie und andere Dinge des täglichen Bedarfs seien tatsächlich teurer geworden, dies werde jedoch teilweise kompensiert durch den Preisrückgang bei anderen Produkten. Fernsehgeräte zum Beispiel seien im Laufe der vergangenen Jahre kontinuierlich und deutlich günstiger geworden.
Alles nicht so schlimm also, und kein Grund zur Panik. Wir blöden Konsumenten kaufen einfach nur das Falsche, und das obendrein noch zu oft. Statt wöchentlich den Einkaufswagen beim Discounter mit Butter, Quark, Gemüse und Fertigpizza zu füllen wäre es doch viel sinnvoller, einmal im Monat zum Saturn zu fahren und eine Palette Fernseher nach Hause zu transportieren. Dies würde nicht nur den teils völlig unnötigen Einkaufsverkehr auf unseren Straßen reduzieren – schauen wir nur mal den REWE-Parkplatz an einem Freitagnachmittag an – sondern uns gleichzeitig von der Verlierer- auf die Inflationsgewinnerseite katapultieren. Schließlich hat es uns ja der sympathische Herr Lohse in dem Loriot-Film „Pappa ante portas“ so vorgemacht. Er kauft konsequent nur das, was günstig ist, und wird gefeuert, weil er als Abteilungsleiter Papier für die nächsten vierzig Jahre bestellt hat. Der Mann hatte einfach nur Weitsicht und man hat ihm Unrecht getan. Heute ist Papier Mangelware. Allein im Jahr 2021 ist der Preis um über zehn Prozent gestiegen. Und noch etwas: Die amtliche Inflationsrate betrug im Dezember 2021 5,3 Prozent. Dies ist der höchste Wert seit fast dreißig Jahren.