FDP Ortsverband Weingarten stellt seine Kandidatenliste für die Kommunalwahlen vor

„Selbstverständlich haben uns in einer Zeit nachlassenden politischen Interesses die Menschen nicht gerade die Türen eingerannt. Trotzdem ist es uns nicht schwergefallen, über die 18 regulären Kandidaten hinaus noch zwei Ersatzpersonen für unsere Wahlliste zu gewinnen. Nun hoffen wir, am 09. Juni nicht nur inhaltlich, sondern auch personell unser Wählerpotenzial in Weingarten überzeugen zu können. Mit dem Ausscheiden von fünf aktiven Gemeinderäten wird die Kommunalwahl in Weingarten zu einem spannenden Rennen werden. Die FDP tritt verjüngt, motiviert und engagiert zu diesem Wettbewerb der Ideen und Inhalte an und hat sich zum Ziel gesetzt, die gegenwärtige Fraktionsstärke mit drei Sitzen im Gemeinderat zu behalten.“ Mit diesen Aussagen eröffnete der Vorsitzende des Ortsverbands Weingarten Matthias Görner die Mitgliederversammlung der Liberalen zur Nominierung der Gemeinderatskandidaten am 06. Juni im Weingartener Waldstadion. In einer von der Satzung vorgegebenen schriftlichen und geheimen Wahl positionierten die stimmberechtigten Mitglieder die beiden amtierenden Gemeinderäte Görner und Lohr auf die zwei vordersten Listenplätze, gefolgt von Elina Holzmüller, Prof. Dr. Peter Henning, Michaela Böser, Philip Freiesleben-Bühn, Fitim Arifi, Tom Trautvetter, Manuel Dückert, Kerstin Wisniowski, Neguse Taddesse, Norbert Werner, Uwe Martin, Kai-Uwe Bogner, Kim Schmitt-Fabry, Saviya Lauber, Bernd Sachweh und Heinz Hüttner. Auf den beiden Reserveplätzen stehen Marc Reichert und Frank Kresse als Kandidaten zur Verfügung.

Eine besondere Würdigung durch den Vorsitzenden des Ortsverbands erfuhr im Rahmen der Mitgliederversammlung der seit dem Jahr 1984 ununterbrochen im Gemeinderat ehrenamtlich tätige und über einige Jahre amtierende Vorsitzende des Ortsverbands Klaus Holzmüller. Er sei beeindruckt davon, wie sein Fraktionskollege nach vier Jahrzehnten seine Aufgabe mit unvermindertem Fleiß und Engagement wahrnehme. Klaus Holzmüller zeige keinerlei Amtsmüdigkeit, wolle aber den Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Gremium selbst bestimmen und sich zukünftig mehr seiner Familie und seiner neu hinzugekommen Aufgabe als Großvater widmen.

Insgesamt zeigte man sich besonders erfreut darüber, mit der Kandidatenliste ein weit gefasstes Spektrum an Erfahrung und verschiedenen beruflichen Perspektiven bei einem gleichzeitig innigen Bezug zur Heimatgemeinde Weingarten anbieten zu können. „Wir wollen unser Profil als liberaler Ortsverband mit Bodenhaftung schärfen, wir wollen die Heimat der Menschen sein, bei denen der Grundsatz „privat vor Staat“ seine Gültigkeit noch nicht verloren hat, wir wollen ganz im Sinne unseres Grundgesetzes die kommunale Selbstverwaltung wieder stärken, und nicht zuletzt beobachten wir mit Sorge, wie sehr zugunsten eines sehr abstrakten Klimaschutzes der Erhalt unserer Natur und unserer Landschaft vor Ort immer mehr an Bedeutung verliert. Dies gilt es zu korrigieren. Mit diesen Zielvorgaben sehen wir uns in Übereinstimmung mit einer großen Zahl an Wählerinnen und Wählern in unserer Heimatgemeinde und hoffen auf einen Vertrauensbeweis am Wahlsonntag am 09. Juni.“ Mit diesem Fazit des Vorsitzenden ging für die FDP Weingarten die Mitgliederversammlung zur Kandidatennominierung und somit die Vorrunde der diesjährigen Kommunalwahlkampagne zu Ende.     

Entspannte Atmosphäre bei der Weingartener FDP nach den Formalien der Kandidatennominierung

FDP-Fraktion: Die Entscheidung war richtig!

Kaum ein Planungsvorhaben seit der Walzbachverdolung hat jemals die Gemüter so sehr bewegt wie die Absicht der EnBW, insgesamt fünf Windenergieanlagen am hinteren Heuberg zu installieren. Die Größenordnung des Projekts, das die Außenansicht unserer Gemeinde über einige Dutzend Kilometer prägen, unser Landschaftsbild nachhaltig verändern und einen schwerwiegenden Eingriff in einen der letzten Naturräume unserer Gemarkung darstellen wird, war den Mitgliedern des FDP-Ortsverbandes schon früh bewusst und wurde aufgrund seiner Bedeutung bereits im Jahr 2020 Gegenstand eines Mitgliederentscheids. Fast einstimmig lehnte der Ortsverband bereits in dieser frühen Phase das Vorhaben ab. Auch die FDP-Fraktion im Gemeinderat votierte im Juni 2021 mehrheitlich gegen die Verpachtung der gemeindeeigenen Waldflächen und konnte so zusammen mit den Fraktionen der CDU, der SPD und der Stimme des Bürgermeisters weiterführende Planungen auf diesen sensiblen Flächen mit 10 zu 9 Stimmen knapp verhindern. Bei einer erneuten Abstimmung im Januar dieses Jahres ergab sich ein eindeutigeres Stimmungsbild: Geschlossen votierten die drei Fraktionen gegen die von der Weingartener Bürgerbewegung forcierte Verpachtung und untermauerten somit die vor knapp drei Jahren getroffene Entscheidung zu Gunsten des Waldes.

Das nun in der Gemeinderatssitzung vom 04. März von dem Diplombiologen Dirk Bernd vorgestellte Naturschutzgutachten lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Zwar mag das Vorhaben formell genehmigungsfähig sein, doch wurden unter dem Druck einflussreicher Lobbygruppen die dafür ausschlaggebenden Kriterien ständig weiter abgesenkt, in ihrem Bestand gefährdete Vogelarten wie die Waldschnepfe oder die Rohrweihe von der Liste der zu untersuchenden Spezies gestrichen und damit einhergehend auch die Methoden für die fachliche Beurteilung permanent im Sinne einer erleichterten Genehmigungsfähigkeit angepasst. Kommen die Windenergieanlagen – sei dies nun im Offenland oder in den Waldflächen – so sei nach eindeutiger Aussage des Biologen bereits mittelfristig mit dem Verschwinden mehrerer bedrohter Vogel- und Fledermausarten auf unserer Gemarkung zu rechnen. Die FDP-Fraktion sieht sich daher keinesfalls in der Rolle des Zögerers, Zauderers und Verhinderers, sondern in ihrer Entscheidung von fachlicher und wissenschaftlicher Seite bestätigt.

Der Ausbau der Windkraftanlagen geht mit einem dramatischen Rückgang der heimischen Fledermauspopulationen einher. Die „große Transformation“ nimmt darauf keine Rücksicht.
Stellungnahme der FDP-Fraktion zur Haushaltsverabschiedung 2024

Themen, die sonst keiner anspricht

Vor etwas mehr als sechs Jahren fand ein in der Geschichte unseres Gemeinderats eher seltener Vorgang statt: Vertreter aus allen Fraktionen fanden sich zu einem Seminar des Staatsanzeiger-Verlags in Stuttgart ein, um sich schon frühzeitig mit der sogenannten Doppik – dem neuen Rechnungswesen für die Kommunen – vertraut zu machen. Nachdem Referenten aus verschiedenen Bereichen der öffentlichen Verwaltung die Vorteile der Umstellung in Form einer erhöhten Transparenz, eines verbesserten Kostenbewusstseins und einer treffsicheren Planung lobend erläutert hatten, waren die mit der Einführung der Doppik verbundenen Erwartungen auch in diesem Gremium sehr hoch – doch sie sind mittlerweile einer tiefgreifenden Ernüchterung gewichen. Zwar ist die Seitenzahl eines Haushaltsplanes von einstmals 450 um weitere einhundertfünfzig Seiten angewachsen, doch geht mit dem Zugewinn an Papier keinesfalls ein verbesserter Überblick über die kommunalen Finanzen einher, und wir stellen ernüchtert fest: Kostenkontrolle – Fehlanzeige, Transparenz – ein leeres Versprechen, verbesserter Gesamtüberblick – nur bedingt.

Mehr Papier, doch leider kein Gewinn an Transparenz

Kommunale Leistungen – sogenannte Produkte – sollten detailliert erfasst und deren Zuschussbedarf beziehungsweise Überschuss exakt aufgeschlüsselt werden. Stattdessen finden wir nun einen Kessel Buntes, aus dem wir nur mit Mühe die gewünschten Informationen herauslesen können. So werden unter dem Überbegriff „Grünanlagen, Werkstätten und Fahrzeuge“ die „Planung und Unterhaltung von Grün- und Freiflächen“ mit der Innen- und Außendekoration von baulichen Anlagen, einer Schlosser- und einer Schreinerwerkstatt und der „Wahrnehmung der Halterpflichten für Fahrzeuge und Geräte“ zusammen aufgekocht und das Ganze mit einer Prise „Unfallbearbeitung“ abgeschmeckt. War vor der Umstellung auf die Doppik der jährliche Zuschussbedarf des Parkhauses in der Ortsmitte noch exakt ablesbar, so versteckt sich dieser nun hinter dem Überbegriff „Parkierungseinrichtungen“, und auch die kostenmäßige Trennung der Ringer- und der Walzbachhalle ist mittlerweile aufgehoben.

Der Mangel an Transparenz ist nicht nur für amtierende Gemeinderäte ärgerlich, sondern hat für unsere Gemeinde als Ganzes bedenkliche Folgen. Ein knappes Drittel dieses Gremiums stellt sich zur Jahresmitte nicht mehr zur Wahl, und wir fragen uns, wie mit der gegenwärtigen Datengrundlage die Einarbeitung junger motivierter Menschen in das komplexe Thema kommunale Finanzen gelingen soll. Hinzu kommt eine Verwaltung, die nicht willens erscheint, Anfragen innerhalb einer angemessenen Frist zu beantworten. So hat zum Beispiel die FDP-Fraktion im Juli vergangenen Jahres eine Zusammenstellung der bislang aufgelaufenen Kosten für die Rathaussanierung eingefordert, da niemand in diesem Gremium auch nur ungefähr abschätzen kann, wie viele Millionen das Schwarze Loch in unserer Ortsmitte seit einem Wasserschaden im Jahre 2019 verschluckt hat. Unser Antrag wurde im September einstimmig befürwortet, doch bis heute liegen dem Gemeinderat noch keinerlei Zahlen vor. Sollte unsere weitere Nachfrage bezüglich der Kalkulation der Hackschnitzel aus dem Forstbetrieb mit demselben Eifer beantwortet werden, so können wir wohl mit genaueren Ergebnissen gegen Jahresende rechnen. Diese Verschleppung wirkt auf die wenigen Gemeinderäte, die sich überhaupt noch mit Zahlen beschäftigen, lähmend und demotivierend zugleich, dabei wäre doch eine gemeinsame Anstrengung zur Identifizierung unserer Leckagen im Gemeindehaushalt gerade in der jetzigen Zeit so ungeheuer wichtig. Warum? Auch wenn wir den Ergebnishaushalt für dieses Jahr mit einem Überschuss von knapp zwei Mio. € planen können, so sieht doch die Prognose keinesfalls beruhigend aus. Schon im kommenden Jahr rechnet man in der Finanzverwaltung nur noch mit der Hälfte, 2026 lediglich mit einem symbolischen Plus und bereits im Folgejahr mit einem ordentlichen Verlust.

Ist der Haushalt 2024 ein Strohfeuer?

Wo sind also nun die Undichtigkeiten, durch die unsere Finanzmittel versickern? Hier sei an erster Stelle die Beratungsindustrie genannt. Ganz gleich ob es um die Reinigung unserer Turmbergschule, um den Feuerwehrbedarfsplan oder um die Regelung des ruhenden Verkehrs geht, die klug erscheinenden Menschen mit ihren Präsentationen sind stets mit dabei. Sie versprechen uns Hilfe im Kampf gegen Komplexität und erzeugen Bürokratie und Komplexität zugleich, und dies zu Stundensätzen, die im dreistelligen Bereich beginnen. In völliger Unkenntnis unserer dauerhaften Leistungsfähigkeit entwickeln sie Konzepte, die an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen und die doch gleichzeitig niemals den politischen Willen des Gemeinderats ersetzen können. Nur mit Mühe konnte die FDP-Fraktion zum Beispiel die Vergabe der zweiten Stufe des Mobilitätskonzepts für knapp 83.000 € stoppen, obwohl doch völlig klar war, wieviel Detailarbeit uns die Verwirklichung der ersten Stufe noch bereiten würde. Unsere Fraktion wird auch nicht der „Beauftragung eines Fachbüros mit der Erstellung eines Klimawandelanpassungskonzepts“ zustimmen, während in unseren Schubladen noch unzählige Studien vor sich hinmodern. So treffen wir mit durch die Aussicht auf Fördergelder getrübtem Blick Entscheidungen für Planungen, die niemals Realität werden können, ganz gleich, ob sie nun Feuerwehrgerätehaus, Freischwimmbecken oder kompletter Schulneubau heißen mögen.

Externe Berater ersetzen nicht die politische Verantwortung des Gemeinderats

„Wenn wir einen Sponsor finden, bauen wir ein Fünfundzwanzigmeterbecken“ – dieser anlässlich der Einweihung der Sportanlagen im Bruch von Ihnen, Herr Bänziger, formulierte Satz ist kein Versprechen, sondern ein verstecktes Eingeständnis. Warum sind wir nicht ehrlich zueinander? Es laufen keine Sponsoren mit gezücktem Scheckbuch umher, um finanzschwachen Gemeinden in ihrer Not zu helfen. Gleichzeitig fährt der Bund ein noch nie dagewesenes Kürzungsprogramm, dem sogar der Ausbau des Schienennetzes teilweise zum Opfer fällt. Wer in diesem Gremium glaubt dann noch an Förderbeträge in Höhe von 1,6 Mio. €, die bereits für 2025 als Investitionszuschüsse von Bund und Land eingeplant sind? Mit ihrer Zustimmung zu einer Bestandsaufnahme und zur Feststellung des aufgelaufenen Sanierungsbedarfs hat die FDP-Fraktion ihr Interesse an einem Weiterbestand des Walzbachbads deutlich zum Ausdruck gebracht. Planungen für ein Schwimmbecken, dessen Finanzierung in den Sternen steht, wollen wir jedoch nicht mittragen.

Ähnliches gilt für unsere Turmbergschule. Auch hier scheint der Grundsatz, dass jedes Vorhaben mit einer sorgfältigen Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit beginnt, komplett ignoriert zu werden. Anstatt einen Finanzrahmen zu definieren und Fördermöglichkeiten zu prüfen holt man sich zuerst einen Schulplaner aus dem fernen Hamburg. Dieser hat noch niemals einen Blick in unseren Haushaltsplan geworfen. Dafür weiß er aber umso genauer, was wir brauchen und was der Zeitgeist verlangt. Heraus kommt ein Phantasieprojekt, dessen Gesamtkosten sich auf astronomische 56 Mio. € belaufen sollen – das Honorar für eine von der CDU-Fraktion geforderte externe Projektsteuerung ist hierbei nicht inbegriffen. Niemand vermag mehr zu sagen, wie viele zigtausend Euro inzwischen für Machbarkeitsstudien verbrannt wurden. Nachdem inzwischen sogar einzelne Elemente aus dem ohnehin waghalsigen Finanzierungskonzept herausbrechen, sehen wir unseren Vorschlag einer Verlagerung der weiterführenden Schule auf den Festplatz bei gleichzeitigem Erhalt der Grundschule in der Ortsmitte durch die Realität bestätigt.

Ein kompletter Schulneubau übersteigt das Leistungsvermögen unserer Gemeinde

Erstens wäre der Raumbedarf für die ersten vier Klassen mehr als ausreichend gedeckt. Zweitens genießt der zentrale Standort eine hohe Akzeptanz in der Elternschaft. Drittens wäre die Förderung des Vorhabens gesichert, das Investitionsvolumen noch überschaubar, und wir bräuchten nicht einen der letzten Naturräume unserer Gemarkung für den Bau von Windrädern zur Finanzierung eines zu ehrgeizig geratenen Schulbauprojekts zu opfern. Mit einer sechsstreifigen Bundesautobahn, einer hoch frequentierten Eisenbahnlinie, einer Bundes- und einer Landstraße, der Ölbohrung im Bronnloch, einer großflächigen Recyclinganlage für mineralische Stoffe und der Kiesgewinnung am Baggersee sehen wir sowohl in Bezug auf die Belastung unserer Einwohner als auch auf den Flächenverbrauch definitiv eine Grenze erreicht. Somit fragen wir uns, ob der Konsens, die Kiesabbaufläche nicht mehr zu erweitern, überhaupt Bestand hat, oder ob man auch hier mit Blick auf unser Aufgabenfeld zu weiteren Zugeständnissen bereit sein wird.

Ohnehin ist unser Finanzgebaren von dem vielstrapazierten Begriff der Nachhaltigkeit Lichtjahre weit entfernt. Wieder einmal können wir ohne Veräußerung von Gemeindevermögen in Form von Wohnbau- und Gewerbeflächen unser bereits abgespecktes Investitionsprogramm nicht finanzieren. Die über zehn Mio. € Einnahmen aus dem Verkauf der Grundstücke im Baugebiet „Moorblick“ sind schon längst Geschichte, nun richtet sich der begehrliche Blick auf die zum „Kirchberg-Mittelweg“ gehörigen Flächen entlang der Durlacher Straße. So befördert unser Mangel an Eigenmitteln ein Wachstum, das wiederum weiteren Investitionsbedarf nach sich zieht. Unklar ist dabei, ob wir bei weiter steigenden Baukosten und einem gleichzeitigen Zusammenbruch der Immobilienpreise – das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat für das Jahr 2023 einen Rückgang um historisch einmalige 11,3 Prozent festgestellt – die erwarteten Verkaufserlöse überhaupt realisieren werden.

Die Innenverdichtung erzeugt mehr Probleme als erwartet

Ebenso stößt der Versuch, unsere Pro-Kopf-Verschuldung durch permanente „behutsame bauliche Nachverdichtung“ zu reduzieren, allmählich an seine Grenzen. Wir sehen einerseits in der Ringstraße, dass die Vorstellungen von „Behutsamkeit“ zwischen Verwaltung und Anwohnern weit auseinanderklaffen, während andererseits unsere Gemeinde auf die Verliererseite der von ihr selbst angestoßenen Entwicklung gerät – private Grundstückseigentümer freuen sich über Einnahmen aus einer erhöhten baulichen Nutzung ihrer Flächen, die Gemeinde hingegen muss Leistungen und Infrastruktur aus eigener Kraft zur Verfügung stellen. Die Kosten des Wachstums schlagen sich nicht nur in der zusätzlichen Verschuldung unserer Eigenbetriebe in Höhe von 7 Mio. € nieder, sondern sie offenbart sich ebenfalls bei einem abendlichen Rundgang durch die einem noch nie dagewesenen Parkdruck ausgesetzten Ortsstraßen. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Zahl auf derselben Fläche neugeschaffener Wohneinheiten und der Arteriosklerose des öffentlichen Raums.

Für Rücksicht und gegenseitiges Verständnis im öffentlichen Raum

In der Debatte um eine Neuordnung der Parksituation hat sich die FDP-Fraktion im Gegensatz zu anderen etwas nervösen Wettbewerbern gegenüber der Verwaltung als loyal erwiesen und sich gleichzeitig der Diskussion mit betroffenen Anwohnern gestellt. Bei aller Verschiedenheit der Standpunkte war jedoch immer der Grundkonsens spürbar, dass die Gemeinde den für teures Geld geschaffenen Parkraum nicht länger kostenfrei zur Verfügung stellen kann. Es gilt der Grundsatz: Gebühren vor Steuern. Die Kosten einer Einrichtung sollen primär von deren Nutzern und nicht von der Allgemeinheit getragen werden. Allein für Erwerb und Gestaltung der Stellplätze auf einem ehemaligen Weingut in der Jöhlinger Straße sind bislang 800.000 € aufgelaufen. Auch die großzügigen Parkflächen in der sanierten Burgstraße wurden nicht zum Nulltarif geschaffen. Es ist daher ein Gebot der Fairness, einen Ausgleich zwischen den Fahrzeughaltern, die auf ihren Privatflächen parken, und den Dauernutzern des öffentlichen Raumes zu schaffen. Insofern betrachten wir es als Versäumnis der Verwaltung, den Gemeinderat nicht über die halbjährige Verzögerung bei der Entwicklung eines Konzepts zur Parkraumbewirtschaftung informiert zu haben. Niemand träumt davon, wie in Paris 18 € für eine Stunde Parken eines SUVs abzukassieren, doch könnte ein monatlicher Betrag in der Größenordnung von 10 bis 15 € pro Fahrzeug eine Bewusstseinsänderung anstoßen und dadurch einen Teil des öffentlichen Raumes für dessen ursprüngliche Funktionen wieder freimachen.

Das Gewerbegebiet „Sandfeld“ – eine unendliche Geschichte?

Kommen wir nun gegen Ende unserer Stellungnahme nochmals zu einer besorgniserregenden Entwicklung, die sich trotz aller Weltrettungsbekundungen und des Hin- und Hergeschiebes von „Ökopunkten“ vor unseren Augen vollzieht – unserem nach wie vor ungebremsten Flächenverbrauch. Ja, es stimmt, ein Teil unserer Fraktion hat den Beschlüssen im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet „Sandfeld“ nicht zugestimmt, doch können wir Mehrheiten akzeptieren. Nach vierzehn Jahren ist das Gelände jetzt baureif, doch anstatt nun endlich Betriebe mit hoher Wertschöpfung und Arbeitsplatzdichte anzusiedeln, verharrt unsere Gemeinde in einer Art Schockstarre, während hoch gehandelte Hoffnungsträger ihre Investitionspläne schon längst woanders verwirklichen. Wir fragen uns inzwischen, ob die Verwaltung selbst noch an eine Verwirklichung ihrer Planungen und an ihre eigenen Beteuerungen einer immensen Nachfrage nach baureifen Gewerbeflächen glaubt. Ebenfalls beschleunigt vollzieht sich ein weiterer ungeregelter Landverbrauch in Form von illegaler Bautätigkeit im Außenbereich. Fraktionsübergreifend möchten wir dieser Entwicklung Einhalt gebieten, doch scheint in dieser Frage eine höhere Verwaltungsebene zu versagen. Für diese Feststellung genügt ein Blick auf die Personalstärke der einzelnen Abteilungen des Landratsamts: Während für „Grundsatz und Soziales“ 104, für Integration 140, für Versorgung und Rehabilitation 152 und im Jugendamt stattliche 252 Mitarbeiter beschäftigt sind, werkeln im Baurechtsamt ganze 34 Mitarbeiter eher verzweifelt vor sich hin. Bei dieser Schwerpunktsetzung verwundert es kaum, dass nicht nur die ökologisch hochwertigen kleinteiligen Außenbereichsflächen unserer Gemarkung, sondern damit einhergehend auch das Empfinden für Recht und Unrecht unter die Räder kommen, und dass ein von außen kommender Besucher unserer Gemeinde sich fragt, ob er tatsächlich in einem badischen Weindorf oder nicht etwa in einer südamerikanischen Favela gelandet ist. Da kann man nur ernüchtert feststellen: Tourismusförderung sieht für uns anders aus, und darüber hinaus gelangen wir angesichts zahlreicher Entwicklungen der vergangenen Jahre zu dem Schluss, dass unsere Gemeinde lernen sollte, ihre Interessen nach außen hin deutlicher zu vertreten.

Unsere Gemeinde versäumt die Interessenvertretung nach außen

Während anderswo Bürgermeister deutlich auf die Belastungsgrenzen der Kommunen hinweisen, laden wir einen Vertreter des baden-württembergischen Genossenschaftsverbands zu einem Neujahrsempfang ein – und gehen anschließend wieder dem Tagesgeschäft nach. Wir betreiben Selbstaufgabe in Form von „Bekenntnissen“ zu politisch vorgegebenen Zielen, demontieren die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung, lassen uns am Gängelband in Aussicht gestellter Fördergelder durch die Manege führen und bejubeln uns noch obendrein, wenn wir als finanzschwache Gemeinde aus dem Ausgleichstock ein paar Krümel vom Tisch der Reichen abbekommen. Wir machen Party auf dem Festplatz, schmücken die Räume unseres Rathauses mit barock anmutenden Wandmalereien, verbauen Bordsteine aus portugiesischem Granit – und halten gleichzeitig die Hand nach dem Geld sparsam wirtschaftender Kommunen aus. Ich schließe daher unsere Stellungnahme mit einem Satz, den ich kürzlich auf der FDP-Homepage veröffentlicht habe: Ja, es gab eine Zeit, in der man den Kindern beibrachte, mit fremdem Eigentum sorgsamer umzugehen als mit dem eigenen. Steuergeld ist fremdes Eigentum. Es wird von den Menschen erwirtschaftet, die morgens um halb sechs ihre Engelbert-Strauß-Kleidung überziehen und sich auf den Weg zur Arbeit machen, die nicht konsumieren, sondern investieren und damit ein Verlustrisiko übernehmen und für die Selbstverantwortung keine leere Worthülse, sondern eine Geisteshaltung ist. Somit sollten wir in diesem Gremium aufhören, uns wie Kinder zu gebärden, und endlich lernen, erwachsen zu werden. Nur so werden wir unserer vielbeschworenen Vorbildfunktion gerecht. Mit dieser Schlussbemerkung und mit einer Vielzahl von Bedenken stimmen wir dem uns vorliegenden Haushaltsplan sowie den Wirtschaftsplänen für die Eigenbetriebe unserer Gemeinde zu.

Dank an alle, die sich für unser Weingarten engagieren

Vorbild sind für uns auch alle, die sich in irgendeiner Form für das Wohl der Einwohner Weingartens einsetzen, sei dies nun am Arbeitsplatz, bei den Rettungseinrichtungen, ehrenamtlich in unseren Vereinen – oder auch dort, wo unser Blick es kaum jemals wahrnimmt – in den Familien, in der Nachbarschaftshilfe, der gegenseitigen Unterstützung und den kleinen Keimzellen der dörflichen Solidarität. Ihnen allen gilt nun abschließend unser Dank, verbunden mit der Hoffnung, die nächste Haushaltsstellungnahme kürzer zu fassen und einige Kritikpunkte als erledigt betrachten zu können.     

Zahlenspiele

Die unter dem Titel „Fraktionen aus dem Gemeinderat“ monatlich erscheinenden Stellungnahmen sind für die Leser der Turmbergrundschau meist eher langweilige Kost. Im Regelfall werden mit großer Mehrheit im Gemeinderat gefasste Beschlüsse nochmals ausgiebig dem Publikum erklärt, der Ton ist gemäßigt und zurückhaltend und verbale Auseinandersetzungen sind die große Ausnahme. Etwas herzhafter ging es dagegen in der Ausgabe vom 08. Februar 2024 zur Sache. Das deftige Menü eröffnete die CDU-Fraktion mit einer durchaus kritischen Stellungnahme zum Vorgehen der EnBW im Zusammenhang mit der Planung von Windkraftanlagen auf dem Weingartener Heuberg, und gleich darauf lieferte der Fraktionsvorsitzende der Weingartener Bürgerbewegung Timo Martin gut gewürzte Hausmannskost unter dem saftigen Titel: „Verweigerung von Transformation und Haushaltskonsolidierung ist keine Lösung!“

„Zweifler, Zauderer, Pessimisten und Verhinderer“ haben sich zur Ablehnung eines WBB-Antrags zusammengetan, „Ideologien und Unsachlichkeit“ dominieren weiterhin das Thema Windkraft, und nicht zuletzt bedeutet „die kategorische Ablehnung des Waldes ein jährlicher Verzicht bis zu 1 Mio. €!“. So steht es wörtlich gedruckt, und man fragt sich, ob sich der Autor so sehr in Rage geschrieben hat, dass er Nominativ und Akkusativ nicht mehr unterscheiden konnte und in seiner Aufgeregtheit vergaß, dass nach den Regeln der deutschen Sprache dem Substantiv „Verzicht“ die Präposition „auf“ zu folgen hat und dass man zwar wohl auf Sachlichkeit verzichten, nicht aber Grammatik verzichten kann.

Da ist es doch höchste Zeit, die Emotionen etwas herunterzufahren und eine nüchterne Betrachtung des Sachverhalts durchzuführen. Zwischen 100.000 € und 1 Mio. € sollen sich also die jährlichen Pachteinnahmen bewegen. Treffen wir uns doch einfach in der Mitte und gehen von einer Summe in der Größenordnung von 550.000 € aus. Eine stattliche Zahl, und mit Blick auf die vor uns stehenden Aufgaben durchaus verlockend. Über eine Laufzeit von zwanzig Jahren sind das immerhin 11 Millionen Euronen, der Zinseszinseffekt ist dabei noch gar nicht eingerechnet, und schließlich können die Anlagen mit etwas Glück sogar dreißig Jahre laufen. Blasen wir ideologiegesteuerten Zweifler und Zauderer also leichtfertig knappe zwanzig Mio. Euro durch den Schornstein?

Nehmen wir also einfach mal den Taschenrechner für eine genauere Analyse zur Hand. In Weingarten lebten im Dezember 2023 nach der amtlichen Statistik 10.638 Personen. Durch die Verpachtung der gemeindeeigenen Waldflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen hätte also jeder Einwohner einen jährlichen finanziellen Vorteil von 51 Euro und siebzig Cent, das entspricht 4,30 Euro im Monat und damit exakt dem Preis, den die örtliche Gastronomie für 0,4 Liter eines alkoholfreien Erfrischungsgetränkes verlangt. Ein Viertele Wein ist für 4,30 Euro meist außer Reichweite, und ein paar Cent Trinkgeld sollte man als höflicher Mensch ja auch noch geben. Es könnte also durchaus viele Zeitgenossen geben, denen eine unverstellte Landschaft und ein in Reichweite befindlicher Erholungsraum mehr wert ist als ein Glas Cola im Monat. Darüber hinaus sollte man nicht unüberlegt den Verlockungen der großen Zahl erliegen, denn schließlich steht den sagenhaften fast zwanzig Millionen Euro eine Vielzahl an Risiken und Nachteilen gegenüber. Diese Liste beginnt mit dem Verlust an Landschaft und Erholungswert unserer Gemarkung, setzt sich fort mit der ungeklärten Frage des Rückbaus nach der Vertragslaufzeit und dem imminenten Wertverlust von Immobilien mit Sichtverbindung zu den geplanten Anlagen, und sie ist mit der Verschlechterung unseres nachbarschaftlichen Verhältnisses zur Gemeinde Walzbachtal – Weingarten kassiert, Jöhlingen schaut zu – noch lange nicht zu Ende.

“Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann“ – dieser in der aufkommenden Umweltbewegung weit verbreitete Aufkleber gelangt nach jahrelanger Pause damit zu unerwarteter Aktualität. Das Für und Wider eines „Windparks“ auf dem Heuberg – allein der Euphemismus bringt schon alle Alarmglocken zum Läuten – lässt sich nicht allein monetär betrachten. Vielleicht haben sich die Zweifler und Zauderer nicht ideologiegetrieben verbarrikadiert, sondern sind ganz einfach im Rahmen einer sorgfältigen Güterabwägung zu ihrer ablehnenden Entscheidung gelangt, und möglicherweise war ihr negatives Votum im Gegenteil sogar ein positives – für den Erhalt von Natur an einer der sensibelsten Stellen unserer Gemarkung.        

Ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zur Gemeinde Walzbachtal lässt sich nur schwer in Zahlen fassen

In der Welt der Widersprüche

Es ist schon fast ein Ritual: Wenn die Tage kürzer werden und die Blätter fallen, finden im Gemeinderat die Beratungen über den Forstbetriebsplan statt. War in früheren Zeiten der Ertrag der eintausend Hektar Gemeindewald eine sichere Einnahmenposition, so hat sich dies in den vergangenen zwei Jahrzehnten grundsätzlich gewandelt. Steigende Personal- und Maschinenkosten sowie der Preisverfall auf dem Holzmarkt sorgen für ein kontinuierlich steigendes Betriebsdefizit, hinzu kommt, dass der Zuwachs nicht den Prognosen entspricht und dadurch die jährliche Erntemenge von ursprünglich 5.500 Festmetern auf nun 4.500 Festmeter reduziert werden musste. Somit werden die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen bei der Verabschiedung des Planwerks nicht müde zu betonen, dass dem Wald eine enorme soziale, ökologische und pädagogische Funktion zukomme und dass man daher das mittlerweile auf 270.000 € angestiegene jährliche Betriebsdefizit gerne in Kauf nehme.

Vor diesem Hintergrund erstaunt der in der Sitzung am 29. Januar auf der Tagesordnung befindliche Antrag, über die Verpachtung gemeindeeigener Waldflächen zum Bau von Windkraftanlagen am Heuberg erneut zu beraten, nachdem der Gemeinderat dies bereits im Juni 2021 abgelehnt hatte. Zwar hielt ein Vertreter des von der EnBW beauftragten Planungsbüros Mailänder Consult das Vorhaben bei entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen für prinzipiell genehmigungsfähig, doch waren an dieser Aussage aus Sicht der FDP-Fraktion erhebliche Zweifel angebracht. Nicht ohne Grund hatte der Nachbarschaftsverband Karlsruhe die zur Diskussion stehenden Waldflächen aufgrund eines „sehr hohen artenschutzrechtlichen Konfliktpotenzials“ bereits vor Jahren von den weiteren Planungen ausgenommen.

Auch angesichts des nahezu ungebremsten Flächenverbrauchs bedurfte es aus Sicht der FDP-Fraktion daher keinerlei weiterer kostenintensiver Studien, um die vor zweieinhalb Jahren getroffene Entscheidung mit einem einstimmigen Votum zu bestätigen. Irritiert zeigte man sich auch über den Vorstoß der antragstellenden Fraktion, über die Verpachtung der Waldflächen am Heuberg geheim abzustimmen. Transparente Entscheidungen und ein lückenlos nachvollziehbarer Willensbildungsprozess sind für die FDP-Fraktion ein hohes Gut und sollten daher gerade in Zeiten nachlassenden politischen Interesses nicht leichtfertig geopfert werden.      

Eigentlich reicht eine Wanderung in die Ruhe des Waldes am Heuberg, um zu erspüren, dass dieser Naturraum für Windkraftanlagen nicht in Frage kommt

Willkommen in der Wirklichkeit

„Kein Weiter so“ – unter diesem Motto stand vor einem Jahr die Rede des damaligen Präsidenten des baden-württembergischen Genossenschaftsverbandes Dr. Roman Glaser anlässlich des Neujahrsempfanges unserer Gemeinde. In deutlichen Worten analysierte der prominente Gast die Problemfelder unseres Landes: Überbürokratisierung, Ausweitung der öffentlichen Aufgaben, Fehleinschätzung der staatlichen Leistungsfähigkeit sowie Missachtung elementarer Grundsätze wie Subsidiarität, kommunaler Selbstverwaltung und Stärkung von Eigenverantwortung. Geschehen ist leider – nichts, denn wie so oft zerplatzten die guten Vorsätze schneller als ein Böller in der Silvesternacht, und kaum war der Haushaltsplan unserer Gemeinde verabschiedet hörte man auch auf, über Geld zu reden und ging wie jedes Jahr zur Tagesordnung über.

Umso mehr erstaunt es, dass Bürgermeister Bänziger anlässlich des diesjährigen Neujahrsempfangs am vergangenen Sonntag den Faden wieder aufnahm und die vor einem Jahr getroffenen Feststellungen sogar noch vertiefte. Man müsse wieder lernen, das Wesentliche und Notwendige vom Wünschenswerten zu unterscheiden, das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung wiederbeleben, eine Kurskorrektur in Richtung Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung vornehmen und darüber hinaus anerkennen, dass der Sozialstaat an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angekommen sei. Da kann man eigentlich nur sagen: Glückwunsch, willkommen in der Wirklichkeit, willkommen bei der FDP. Seit Jahren versucht die liberale Fraktion, das Arbeitsprogramm der Gemeinde mit deren Leistungsfähigkeit in Einklang zu bringen, betreibt Risikoanalyse, projiziert Entwicklungen in die Zukunft, weist auf Folgekosten getroffener Entscheidungen hin und hält sich auch im Vorfeld von Kommunalwahlen diszipliniert mit Forderungen nach mehr kommunalen Leistungen zurück. Leider verhallten die warnenden Worte meist ungehört. Es bedurfte erst einer Zinswende, um die Politik des leichten Geldes zu beenden und die Einsicht wiederzubeleben, dass jede Kreditaufnahme einen Vorgriff auf die Zukunft darstellt und Schulden regelmäßig zu tilgen sowie Zinsen zu erwirtschaften sind. Die kommenden Wochen werden nun zeigen, ob den am ersten Sonntag des neuen Jahres verkündeten Worten nun Taten folgen, denn bislang gilt, frei nach Goethe: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!       

Ein Stuhlkreis den niemand braucht

Weingartener FDP-Fraktion fragt nach den Kosten des „Forums Energiedialog“

Die Erwartungen waren von Anfang an niemals hoch, doch die FDP-Fraktion wollte auch keine Fundamentalopposition betreiben und stimmte in der Gemeinderatssitzung vom 27.04.2022 der Beauftragung des Büros für Kommunikation und Konfliktmanagement Dr. Ewen mit der Moderation eines von der Landesregierung finanzierten „Forums Energiedialog“ zu. Ausschlaggebend für die Entscheidung war insbesondere die von der FDP vorgeschlagene gleichberechtigte Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Walzbachtal, da ja die von der EnBW geplanten Windkraftanlagen auf dem Heuberg zwar auf Weingartener Gemarkung, aber gleichzeitig in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den westlichen Wohngebieten Jöhlingens errichtet werden sollen. Ziel des sogenannten Energiedialogs sollte eine sachliche Auseinandersetzung mit den Fragestellungen der Energiewende auf kommunaler Ebene sein. Nach einer Besichtigung von Windkraftanlagen im Raum Stuttgart, einer Reihe tendenziöser Veröffentlichungen in den Amtsblättern der beiden Gemeinden und zwei öffentlichen Veranstaltungen in Weingarten und Walzbachtal geht der „Dialog“ nun seinem Ende entgegen, und das Fazit der FDP-Fraktion lautet: Schade um das Geld und um die Zeit. Völlig unbeeindruckt von dem laufenden Verfahren zieht die EnBW ihre Planungen durch und konfrontiert das Publikum der öffentlichen Veranstaltungen mit einem bereits feststehenden Zeitplan für Bau und Inbetriebnahme der Anlagen. Bislang hielten wir eine solche Praxis im Uganda zu Zeiten Idi Amins oder in Nordkorea für möglich, inzwischen haben wir dazugelernt.

Gegen Ende des Moderationsverfahrens möchte die FDP-Fraktion nun keineswegs zur Tagesordnung übergehen, sondern eine etwas genauere Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen. Aus diesem Grund werden wir im Rahmen einer Anfrage an das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz versuchen, die Angebotssumme und die Höhe der vom Büro Team Ewen erstellten Schlussrechnung zu erfahren.   
Aufgrund einer ganzen Reihe von Erfahrungswerten gehen wir davon aus, dass die Gesamtsumme einen satten fünfstelligen Betrag ausmachen wird. Im Vergleich dazu leisten wir drei Gemeinderäte der FDP-Fraktion ehrenamtliche Arbeit zum Wohle unserer Gemeinde zu einem Bruchteil des gegenwärtigen Mindestlohnes. Dies tun wir gerne. Falls wir jedoch das Glück haben sollten, in ein paar Jahrzehnten wiedergeboren zu werden, so werden wir gemeinsam ein Büro für Kommunalberatung und Kommunikation gründen. Eine Brille mit intellektuellem Touch und einen Laptop kaufen wir für ein paar hundert Euro, den Beamer können wir mieten, ein Büro brauchen wir keines mehr, das geht alles von zuhause, und wenn wir dann den Fuß in der Tür habe holen wir uns ein paar Bachelors von der Uni und lassen die den Job machen. Ach ja, was wir noch brauchen ist eine Phrasendreschmaschine. Aber das kann ja auch die KI. Dann wird die Stunde zu fünfhundert Euro abgerechnet, und das ganze Jahr ist Party….

Kostenkontrolle heißt dicke Bretter bohren

Wie hoch ist das jährliche Defizit des Parkhauses in der Ortsmitte? – Wieviel Geld geben wir jedes Jahr für Beratungsleistungen aus? – Und bei wieviel tausend Euro liegt der Zuschussbedarf für das Erholungsgebiet „Breitheide“ am Baggersee oder für das Wein- und Straßenfest? – Solche, und noch viele andere Fragen stellen sich angesichts unserer gewaltigen Zukunftsaufgaben vermehrt all die Gemeinderäte, die sich (noch) für kommunale Finanzen verantwortlich fühlen, doch leider werden die Antworten immer weniger, und die Transparenz des Haushaltsplans und der Rechenschaftsberichte verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Waren bis zum Jahr 2019 im sogenannten kameralen Haushalt die einzelnen Einrichtungen der Gemeinde noch separat aufgeführt, so wurden im Zuge der Umstellung auf die doppelte Haushaltsführung der Kommunen (Doppik) einzelne „Produkte“ zu Gruppen zusammengefasst mit der Folge, dass sich auch bei bester Anstrengung die Kosten einzelner kommunaler Leistungen nicht mehr ablesen lassen. So werden zum Beispiel unter dem Titel „Grünanlagen, Werkstätten und Fahrzeuge“ die „Planung und Unterhaltung von Grün- und Freiflächen“, die „Innen- und Außendekorationen von baulichen Anlagen“ sowie die die „Wahrnehmung der Halterpflichten einschließlich Betriebskostennachweis für Fahrzeuge und Geräte anderer Organisationseinheiten sowie Unfallbearbeitung“ munter gemeinsam kalkuliert, doch außer dem Endergebnis eines jährlichen Defizits in der Größenordnung von 1,5 Mio. Euro lassen sich der Aufstellung keine weiteren brauchbaren Details entnehmen. Genauso gut könnte man in einer Dorfmetzgerei ein Dutzend Eier, eine Scheibe Schwartenmagen und eine Tube mittelscharfen Senf zusammen auf die Waage legen und versuchen, hinterher den Preis eines einzelnen Artikels dem Kassenzettel zu entnehmen.

Diese Entwicklung ist umso enttäuschender, als im Zuge der Umstellung auf die Doppik die Seitenzahl eines Haushaltsplanes nun nicht mehr 440, sondern stolze 550 Seiten beträgt. „Mehr Papier, weniger Transparenz“ – mit dieser knappen Formel kann man die gegenwärtige Tendenz zusammenfassen, und somit ist geradezu vorgezeichnet, dass Kostenkontrolle und Haushaltsdisziplin auf der Strecke bleiben und Leichtfertigkeit im Umgang mit Steuergeldern zur Regel wird.

Ja, es gab eine Zeit, in der man den Kindern beibrachte, fremdes Eigentum sorgsamer zu behandeln als das eigene. Für die Weingartener FDP-Fraktion hat dieser quasi aus der Zeit gefallene Grundsatz nach wie vor Gültigkeit. Steuergeld ist fremdes Eigentum, und daher sind wir zu sparsamem und gleichzeitig verantwortungsvollem Umgang damit verpflichtet. Nachdem die liberale Fraktion im vergangenen Juli eine Gesamtkostenrechnung für die seit Jahren im Hintergrund laufende Rathaussanierung beantragt hat, steht nun die nächste Anfrage unmittelbar bevor: Mit ihrem Antrag, dem Gemeinderat das Verfahren der Hackschnitzelaufbereitung und der Kosten für die Wärmegewinnung in den Heizzentralen der Walzbachhalle und der Schule ausführlich vorzustellen möchte die FDP-Fraktion vor allem klären, ob die externen Betreiber der beiden Anlagen der Gemeinde für die Bereitstellung des Heizmaterials einen auskömmlichen Preis bezahlen oder ob möglicherweise seit Jahren ein Defizit zu Lasten unseres Forstbetriebs und somit unserer Kommune erwirtschaftet wird. Wir meinen: In einer Zeit, in der private Brennholzkunden stolze neunzig Euro für den Festmeter Stammholz bezahlen müssen ist diese Fragestellung mehr als berechtigt!          

550 Seiten Papier – doch keinerlei Transparenz und Null Kostenkontrolle!

Spiel auf Zeit

„Das Leben ist kurz – iss den Nachtisch zuerst“ – so lautet der Titel eines erfolgreichen Jugendromans der Autorin Wendy Fink, in dem sich ein Dreizehnjähriger auf die Suche nach dem Sinn des Lebens macht und dabei in einen Strudel von Abenteuern gerät. Doch nicht nur im fernen New York – dem Schauplatz des auch für Erwachsene durchaus lesenswerten Buches – sondern auch in unserem beschaulichen Weingarten scheint man gerne die Menüreihenfolge auf den Kopf zu stellen, wie man unschwer bei einem Blick auf den am 18. November öffentlich vorgestellten Haushaltsplanentwurf feststellen kann. Sei es beim Bebauungsplangebiet „Kirchberg-Mittelweg“, beim Gewerbegebiet „Sandfeld“, bei den Planungen für den Neubau von Kindergärten oder bei dem ehrgeizigen Vorhaben eines kompletten Schulneubaus: Überall werden die erwarteten Einnahmen zeitlich vor die mit dem jeweiligen Vorhaben verbundenen Pflichten und Ausgabenpositionen gestellt. Dabei fällt auf, dass das Jahr 2026 eine Art Wendepunkt darstellt und dass ab diesem Zeitpunkt enorme Investitionssummen für bis dahin geplante oder laufende Maßnahmen bereitzustellen sein werden. So sind in den Jahren 2024 und 2025 lediglich 750.000 € für den Schulneubau eingestellt, 2026 geht es dann mit 2,5 Mio. und 2027 mit satten 15 Mio. zur Sache. Aus dem Verkauf und den Erschließungsbeiträgen der gemeindeeigenen Flächen im „Kirchberg-Mittelweg“ will man bereits 2024 einen Überschuss von stolzen 7,7 Mio. generieren, um dann 2026 und 2027 Maßnahmen in der Größenordnung von über 6 Mio. € abwickeln zu müssen, und auch die Haushaltsmittel für den dringend benötigten Neubau eines Kindergartens an der Walzbachhalle sind mit je 2,5 Mio. € erst in den Jahren 2026 und 2027 eingestellt.

Es ist mehr als offensichtlich, dass bei einer derart optimistischen Finanzplanung nichts schiefgehen darf. Sollten sich im gegenwärtigen konjunkturellen Umfeld bestimmte Verkäufe nicht verwirklichen lassen, so wäre die Finanzierung der im Zusammenhang mit dem forcierten Anstieg der Einwohnerzahl dringend notwendigen Investitionen gefährdet. Eine weitere Kreditaufnahme wird wohl kaum genehmigungsfähig sein – schließlich weist Weingarten bereits heute eine über dreimal so hohe Verschuldung wie der Kreis- und Landesdurchschnitt vergleichbarer Kommunen auf. Nach dem leckeren Dessert könnten wir also durchaus hartes Brot zu beißen bekommen.            

Auch in den Eigenbetrieben Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind enorme Investitionen geplant. Durch Abschreibungen und Schuldendienst werden die Gebühren steigen.

In der Technikfalle

„Jetzt helfe ich mir selbst“ – unter diesem Titel erscheint seit über sechzig Jahren eine der erfolreichsten Buchreihen überhaupt. Mit seinen Reparaturanleitungen für Automobile und Motorräder traf der Stuttgarter Motorbuchverlag im deutschen Wirtschaftswunder exakt den Nerv der Zeit: Schon damals war ein Millionenheer von Automobilbesitzern dazu bereit, angesichts hoher Werkstattkosten selbst Hand anzulegen und Inspektionen sowie Instandhaltungsmaßnahmen an ihren Fahrzeugen in Eigenregie durchzuführen. So wurde in unzähligen Garagen und Hinterhöfen nach Feierabend geschraubt, geschweißt und justiert, und die Selbsthilfe beschränkte sich dabei keineswegs auf einen gelegentlichen Öl- oder Luftfilterwechsel, sondern erstreckte sich durchaus auch auf sicherheitsrelevante Maßnahmen an Lenkung, Fahrwerk oder Bremsanlage, was letztendlich die Frage aufwirft, ob der deutliche Rückgang der Unfallopfer in unserem Land auf eine verbesserte Sicherheitsausstattung oder auf eine zunehmende Komplexität der Fahrzeuge zurückzuführen ist. Moderne Automobile wehren sich regelrecht gegen unbefugte Eingriffe, wodurch einerseits selbst ein einfacher Leuchtmittelwechsel kaum mehr zuhause in der Garage durchgeführt werden kann, andererseits aber sichergestellt ist, dass fast kein Fahrzeug mit selbstgewechselten Bremsbelägen oder Stoßdämpfern zum rollenden Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer werden kann.

Waren im vergangenen Jahrhundert noch Stundensätze von 60 DM die Regel und vielen Automobilisten schon zu kostspielig, so schlägt heute ein Werkstattbesuch gerne mit 100 Euro pro sechzig Minuten zu Buche.

Technik ist teuer, und ihre Kosten werden im gegenwärtigen inflationären Umfeld und im Zusammenhang mit zunehmender Komplexität und Fachkräftemangel auch in Zukunft weiter steigen. Mittlerweile werden die Adressen von Elektrikern und Installateuren, die sich auf ihr Fach verstehen und eine ordentliche Arbeit abliefern, als Geheimtipp gehandelt. Wartelisten werden länger und länger und die Instandhaltung technischer Anlagen selbst in Einfamilienhäusern zum Vollzeitjob. Gleichzeitig rüstet unsere Gemeinde den Bestand ihrer Immobilien und technischen Anlagen immer weiter auf. Der in der Gemeinderatssitzung vom 23.10. vorgestellte Energiebericht offenbart bereits heute enorme Defizite in der Auslegung, Wartung und Instandhaltung der seit teils einem halben Jahrhundert in kommunalen Heizungsräumen und Kellerschächten verbauten Technikmonster. Die Frage ist, wie wir in den kommenden Jahren ohne die Unterstützung teurer Ingenieurbüros all diese Wunderwerke am Laufen halten werden, denn – selbst helfen werden wir uns nicht mehr können.     

Selbst die Technik in einem Einfamilienhaus ist schon komplex