Haushaltsrede 2022 der Fraktion der Freien Demokraten Weingarten (Baden)

Am 14. Dezemerb 2021 wurde der Haushalt der Gemeinde Weingarten (Baden) für das Jahr 2022 in der Walzbachhalle verabschiedet. Gemeinderätin Carolin Holzmüller gab für die Fraktion folgende Stellungnahme ab:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates und der Verwaltung, sehr geehrte Damen und Herren,

dieses Jahr beschreiten wir ein Novum in der Weingartner Kommunalpolitik: der Haushalt wird vor Jahresbeginn verabschiedet. Die besinnliche Adventszeit wird somit durch die Lektüre des Haushaltsplans versüßt oder andersherum. Das passt auch gut zusammen. Während der Vorweihnachtszeit werden die Wunschzettel fürs Christkind geschrieben. Kinder notieren, was sie gerne hätten, ohne groß Grenzen des Machbaren zu ziehen. Da steht dann mal ein Haustier oder gar ein Pony drauf. Solche Wünsche werden oft nicht erfüllt. Den Schenkenden ist wohl klar, dass ein Pony nicht immer klein und kuschelig bleibt und dann auch noch Futter, Pflege und Training benötigt. Dafür muss man eben das enttäuschte Gesicht eines Kindes aushalten, wenn der erforderliche Schlafanzug statt dem Haustier unterm Tannenbaum liegt. So ist das auch mit dem Haushalt der Gemeinde. Es gibt viele Wunschzettel mit großartigen Wünschen und der Gemeinderat hat die Aufgabe zu sortieren, was notwendig und was finanziell möglich ist.

Diese Abwägung sollte vertieft während der Beratung des Haushaltes erfolgen. Hier können Gemeinderatsmitglieder die Projektliste mitgestalten und müssen diese dann mittragen. Die FDP-Fraktion hat mit mehreren Anträgen sowie Fragen und Anregungen zum Haushaltsplan 2022 einen Beitrag geleistet. Die von uns beantragte Streichung der Ausgaben für den Erhalt ehemaliger Trafostationen und das neue Wartturm Forum sowie die Veräußerung des Gebäudes Bruchsaler Straße 12 wurden übernommen. Weitere Anträge unsererseits, in den Bereichen Radwegenetz und Klimaanlage Bürgersaal Einsparungen vorzunehmen, fanden hingegen keine Mehrheit bzw. wurden nicht im Ausschuss zur Abstimmung gebracht. Das ist der etwas fade Beigeschmack der frühzeitigen Verabschiedung des Haushaltes. Wir danken dennoch allen Fachbereichen für die Mitwirkung bei diesem Projektpaket mit all seinen Zahlen. Leider wurden abermals Projekte und Anträge nicht oder nur wenig beraten und diskutiert. Vielleicht sollten wir uns doch ein bisschen mehr Zeit lassen anstatt über 100 Änderungen als Tischvorlage zu beraten.

Deswegen ist die Arbeit mit dem Haushaltsbeschluss nicht getan. Neben dem enthaltenen umfangreichen Aufgabenkatalog stehen uns weitere zahlreiche intensive Diskussionen bevor: Was machen wir mit den kommunalen Gebäuden? Das angeregte Ärztehaus sieht die FDP-Fraktion nicht als Pflichtaufgabe einer kommunalen Verwaltung. Auch das Thema Kinderbetreuung lässt uns nicht los und muss zukunftsfähig auf die Beine gestellt werden. Dass nicht nur zum Wohle des Klimaschutzes, sondern auch zur Kosteneinsparung der Energieverbrauch kommunaler Liegenschaften untersucht werden soll, begrüßen wir sehr. Das beschlossene Energiemanagement soll aus unserer Sicht auch auf Gebäude, die für kommunale Aufgaben genutzt werden, wie die Kindergärten, ausgeweitet werden. Weiter möchte unsere Fraktion das von den Freien Demokraten immer verteidigte Walzbachbad auf den Prüfstand stellen.

Das groß angekündigte Mobilitätskonzept wartet ebenfalls auf seine Umsetzung. Trotz Sperrung in Pfinztal sehen wir die aktuelle Situation in der Jöhlinger Straße und auch in der Durlacher Straße als gutes Beispiel. Wenn der Straßenraum klar geordnet wird, profitieren alle Verkehrsteilnehmer und auch die Anwohner durch einen langsameren, aber gleichmäßigeren Verkehrsfluss davon. So wollen wir auch das Mobilitätskonzept entwickeln, indem alle Verkehrsteilnehmer gleichwertig berücksichtigt werden. Die überregionalen Radwege wollen wir daher nicht nur aus finanzieller, sondern auch aus sachlicher Sicht und im Hinblick auf Unterhalt diskutieren. Deshalb sind die im Haushaltsplan festgehaltenen Haushaltsvorbehalte für Fahrradwege, Walzbachbad und Schule, die eine gewisse Förderquote für Projekte fixieren, für uns kein Freifahrtschein.

Die große Herausforderung ist und bleibt die Konsolidierung des Haushalts, und zwar langfristig. Dafür müssen alle Kostenstellen auf den Prüfstand. Einige Wünsche werden von der Liste gestrichen werden und die enttäuschten Gesichter müssen ausgehalten werden. In Zeiten, in denen Unternehmen aus Compliance Gründen Werbegeschenke rationieren, sollte auch eine Verwaltung Ausgaben wohl überlegt tätigen. Auch Wünsche einzelner Ratsmitglieder oder Bürgerinnen und Bürger sollten keineswegs in direkte Umsetzung gelangen, sondern vorher die genauen Kosten inklusive Personalaufwand aufgezeigt werden. Denn auch das Personalbudget müssen wir im Auge behalten. Wir möchten damit in keiner Weise die Arbeit der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter kritisieren. Wie im Personal- und Organisationsbericht aufgezeigt wurde, hat unsere Verwaltung im Vergleich zu früheren Jahren viele zusätzliche Aufgaben zu bewältigen. Eine Ausweitung des Leistungsumfangs und Aufgabenkatalogs über Pflichtaufgaben hinaus und damit verbundene weitere Steigerungen der Personalkosten können wir nicht mittragen. Auch bei der Überarbeitung der Vereinsförderung müssen wir den Personalaufwand miteinbeziehen. Unser großes Team des Bauhofs und der Hausmeister kümmert sich um die zahlreichen Liegenschaften und Grünanlagen sowie das große Straßen- und Wegenetz Weingartens. Die Übernahme privater Aufgaben oder die Ausweitung der Weihnachtsdekoration sind nur Beispiele für unbedachte Freiwilligkeitsleistungen seitens der Gemeindeverwaltung. Auch bei der Umsetzung der Projekte plädieren wir für pragmatische und kostengünstige Lösungen, die den Haushalt nachhaltig nicht weiter belasten. Wenn durch eine Asphaltdecke 40.000 Euro im Vergleich zum Pflasterbelag gespart werden können, fällt für uns klar die Wahl auf die wartungsärmere Asphaltdecke.

Das ruft auch die Analyse des Straßenzustands in Erinnerung. Diese Analyse hat uns eine klare Reihenfolge für die Sanierung der Straßen und Wege im Hinblick auf Kosten und Langlebigkeit vorgegeben. Leider versuchen einzelne Ratsmitglieder weiterhin dem persönlichen Wunschzettel statt sachlicher Notwendigkeit den Vorzug zu geben. Dabei hat der Bericht verdeutlicht, dass der Wertverlust bei stark beschädigten Straßen rasanter voran geht. Wenn wir diese also nicht zeitnah nach der Priorität der Analyse angehen, schwindet unser Anlagekapital sowohl physisch als auch bilanziell. Einzelne Maßnahmen aufgrund persönlicher Interessen vorzuziehen, ist nicht nur eine Bevorzugung bestimmter Personen oder Gruppen, sondern auch nicht nachhaltig. Wir plädieren also klar für eine faktenbasierte Reihung der Straßensanierungen, anstatt diese danach zu priorisieren, wer die Straßen und Wege nutzt.

Außerhalb des Haushaltsplans stehen noch weitere Themen auf der Aufgabenliste. Die Rebflurneuordnung Petersberg lässt weiter auf sich warten. Das verhindert nicht nur eine moderne und rentable Bewirtschaftung der ältesten Weinbaulage, sondern führt zu weiteren Wildwüchsen im Außenbereich. Nach dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen und dem Gespräch mit Vertretern des Landratsamtes ist die Eindämmung illegaler Bauten im Außenbereich weiter voranzutreiben. Auch das Thema Geothermie wollen wir weiterhin begleiten, um für die Gemeinde das Heft in der Hand zu halten. Sofern die Flächen im Gewerbegebiet Sandfeld nicht für einen mehr als kostendeckenden Quadratmeterpreis verkauft werden, findet sich vielleicht dort ein Platz für Geothermie, um den Flächenverbrauch auf der Gemarkung weiterhin gering zu halten.

Es ist also an Allen gelegen den Wunschzettel zu prüfen und auf das personell sowie finanziell Machbare zu begrenzen. Mit großen Geschenken eines Christkinds ist wohl nicht zu rechnen. Stattdessen sieht der Haushaltsplan eine Kreditaufnahme in Höhe von 7,9 Millionen Euro vor. Die Hälfte davon soll mit einer Laufzeit von 50 Jahren abgeschlossen werden, sodass die Tilgung auf nächste Generationen übertragen wird. Die Investitionen in die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung von circa 4 Millionen Euro jährlich werden zu einem Höchststand der Gesamtverschuldung von über 65 Millionen Euro im Jahr 2024 führen. Das entspricht über 6.000 Euro Schulden pro einzelnem Einwohner. Da hoffen wir sehr, dass die geplante Sondertilgung 2025 auch verwirklicht werden kann.

Da die Freien Demokraten noch Potential für Einsparungen sehen, anstatt durch Steuererhöhungen zusätzlich Einnahmen zu generieren, haben wir die Erhöhung der Grundsteuer abgelehnt. Diese 270.000 Euro Mehreinnahmen sind natürlich nur ein Teil des umfangreichen Haushalts.  Dennoch ist die FDP-Fraktion nach intensiven Beratungen zum Haushalt und aufgrund der vorher aufgeführten Überlegungen dieses Jahr an einen Punkt gekommen, dass wir dieser Satzung mit den darin enthaltenen Projekten und der Finanzplanung nicht zustimmen und diese nicht mittragen können. Dabei geht es nicht nur um das Zahlenwerk, sondern auch um die Beratung und Umsetzung der Maßnahmen. Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen erläutern: So fiel die bei der Haushaltsberatung 2021 vereinbarte Besichtigung von Außensportgeräten unter den Tisch und stattdessen wurden die ersten Geräte ohne Wissen des Gemeinderates bestellt. Zum aktuellen Haushaltsplan haben drei Fraktionen zur Einfriedung des Friedhofs Anträge gestellt. Anstatt diese zu beraten, findet die Umsetzung schon statt. Das Tor steht bereits, obwohl die Haushaltmittel erst 2022 eingestellt sind. Ebenso gab es in der diesjährigen Haushaltsklausur im Oktober aus mehreren Fraktionen Stimmen, dass eine zusätzliche Verriegelung der Fahrradboxen für den Buchenweg 42/1 keine Vermieterpflicht und somit nicht notwendig sei. Der FDP-Antrag auf Streichung der Maßnahme im Haushalt 2022 wurde angenommen. Jedoch haben wir in der gestrigen Gemeinderatssitzung erfahren, dass dies im September dieses Jahrs bereits verwirklicht wurde. Des Weiteren sprossen nach langen Beratungen und zahlreichen Terminen zur Jöhlinger Straße plötzlich Poller aus dem Gehweg, die mit dem Gemeinderat weder abgesprochen noch beraten wurden. Und die nächsten Projekte ohne Zustimmung oder entgegen dem Beschluss des Gemeinderates wurden bereits angekündigt. Aus finanzieller Sicht sprechen wir im Vergleich zum Gesamtvolumen des Haushalts von Promille. Diese Maßnahmen erscheinen uns jedoch als in Stein gemeißelte Mahnmale für Intransparenz und schlechtes Miteinander. Das ist als würde ein Elternteil dem Kinde vermitteln, dass wir Teile des Wunschzettels nicht erfüllen können, und das andere Elternteil dann mit dem gewünschten Geschenk um die Ecke kommt. Folglich steht auf dem Wunschzettel der Fraktion der Freien Demokraten mehr Gemeinschaftsgefühl, und zwar zwischen Bürgermeister, Verwaltung sowie Gemeinderat und auch innerhalb. Bei monatlichen Sitzungen sollte ein informativer Austausch möglich sein, um die Beratungen und Aktivitäten der Gemeinde Weingarten gemeinsam nach außen kommunizieren und vertreten zu können.

Mit diesem Wunsch und positiven Blick auf das kommende Haushaltsjahr möchte ich meine Rede schließen. Ich bedanke mich im Namen der FDP-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde Weingarten, die zur Umsetzung der Gemeinderatsbeschlüsse beigetragen haben, aber auch denjenigen, die täglich bei ihrer Arbeit engagierten Einsatz für die Weingartner Bürgerinnen und Bürger zeigen. Ebenso bedanken wir uns bei allen ehrenamtlich engagierten Menschen, die sich für das Gemeinwohl in unserer Gemeinde einbringen. Bei unseren Gemeinderatskolleginnen und -kollegen sowie Bürgermeister Bänziger bedanken wir uns für die bisherige und zukünftige gute Zusammenarbeit.

Wir wünschen allen frohe Feiertage und Gesundheit.“

Unsere Stellungnahme zum Haushalt finden Sie hier auch zum Download: