In der Technikfalle

„Jetzt helfe ich mir selbst“ – unter diesem Titel erscheint seit über sechzig Jahren eine der erfolreichsten Buchreihen überhaupt. Mit seinen Reparaturanleitungen für Automobile und Motorräder traf der Stuttgarter Motorbuchverlag im deutschen Wirtschaftswunder exakt den Nerv der Zeit: Schon damals war ein Millionenheer von Automobilbesitzern dazu bereit, angesichts hoher Werkstattkosten selbst Hand anzulegen und Inspektionen sowie Instandhaltungsmaßnahmen an ihren Fahrzeugen in Eigenregie durchzuführen. So wurde in unzähligen Garagen und Hinterhöfen nach Feierabend geschraubt, geschweißt und justiert, und die Selbsthilfe beschränkte sich dabei keineswegs auf einen gelegentlichen Öl- oder Luftfilterwechsel, sondern erstreckte sich durchaus auch auf sicherheitsrelevante Maßnahmen an Lenkung, Fahrwerk oder Bremsanlage, was letztendlich die Frage aufwirft, ob der deutliche Rückgang der Unfallopfer in unserem Land auf eine verbesserte Sicherheitsausstattung oder auf eine zunehmende Komplexität der Fahrzeuge zurückzuführen ist. Moderne Automobile wehren sich regelrecht gegen unbefugte Eingriffe, wodurch einerseits selbst ein einfacher Leuchtmittelwechsel kaum mehr zuhause in der Garage durchgeführt werden kann, andererseits aber sichergestellt ist, dass fast kein Fahrzeug mit selbstgewechselten Bremsbelägen oder Stoßdämpfern zum rollenden Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer werden kann.

Waren im vergangenen Jahrhundert noch Stundensätze von 60 DM die Regel und vielen Automobilisten schon zu kostspielig, so schlägt heute ein Werkstattbesuch gerne mit 100 Euro pro sechzig Minuten zu Buche.

Technik ist teuer, und ihre Kosten werden im gegenwärtigen inflationären Umfeld und im Zusammenhang mit zunehmender Komplexität und Fachkräftemangel auch in Zukunft weiter steigen. Mittlerweile werden die Adressen von Elektrikern und Installateuren, die sich auf ihr Fach verstehen und eine ordentliche Arbeit abliefern, als Geheimtipp gehandelt. Wartelisten werden länger und länger und die Instandhaltung technischer Anlagen selbst in Einfamilienhäusern zum Vollzeitjob. Gleichzeitig rüstet unsere Gemeinde den Bestand ihrer Immobilien und technischen Anlagen immer weiter auf. Der in der Gemeinderatssitzung vom 23.10. vorgestellte Energiebericht offenbart bereits heute enorme Defizite in der Auslegung, Wartung und Instandhaltung der seit teils einem halben Jahrhundert in kommunalen Heizungsräumen und Kellerschächten verbauten Technikmonster. Die Frage ist, wie wir in den kommenden Jahren ohne die Unterstützung teurer Ingenieurbüros all diese Wunderwerke am Laufen halten werden, denn – selbst helfen werden wir uns nicht mehr können.     

Selbst die Technik in einem Einfamilienhaus ist schon komplex